Von der Faszination der Bienen – und wie viel Arbeit sie machen

„Ich will die Bienen nicht mehr machen“, sagte Kurt Herzog irgendwann zu seiner Familie. Da hatte er schon fast 70 Jahre Imkern hinter sich. Ein paar Jahre später schwirren die Bienen immer noch um das Holzhäuschen in Herzogs Garten am Radweg zwischen Tuttlingen und Wurmlingen herum. Und daneben sind noch mehr Bienenkästen dazugekommen: Enkel Jonas Herzog ist jetzt auch Imker.

 

Er wollte die Tradition aufrechterhalten, erzählt Jonas Herzog. „Aber als ich meinem Opa angeboten habe, die Bienen zu übernehmen, hat er gesagt: Gut, aber von mir kriegst du kein Volk.“ Ein Sinneswandel also bei dem fast 90-Jährigen? Kurt Herzog, ehemaliger Leiter der Tuttlinger Stadtgärtnerei, sah das eher pädagogisch: „Wenn er sich ein eigenes Volk kauft, dann interessiert er sich mehr dafür“, erklärt er – und er sollte recht behalten.

 

Imkern liegt im Trend. Berichte über das Bienensterben haben viele wachgerüttelt, die Neuimker-Kurse beim Tuttlinger Bezirksimkerverein sind regelmäßig ausgebucht. Von 42 Teilnehmern beim jüngsten Kurs seien 20 in den Verein eingetreten, sagt Vorsitzender Helmut Riess.

 

Was bewegt die Leute, Imker zu werden? „Zu meiner Zeit vor 47 Jahren stand der Honig an erster Stelle“, bekennt Riess. Heute sei es eher die Motivation, „etwas für die Natur zu tun und natürlich die Faszination an den Bienen“. An zweiter Stelle komme dann: ein hochwertiges Lebensmittel für die Familie gewinnen.

 

Die Bienen retten – dieses hehre Ziel hatte Jonas Herzog gar nicht. Er hatte eher daran Gefallen gefunden, seinem Großvater im Garten zu helfen. „Die Bienen sind mein Ruhepol und mein Kontrast zur Arbeit. Man muss immer hingehen, auch wenn man mal keine Lust hat, und das tut mir gut.“

 

Was ihn abgesehen von den Lehrstunden seines Opas motivierte, dran zu bleiben: Etwa zur selben Zeit kam ein guter Freund unvermutet in den Besitz einiger Bienenvölker. Robert Strobel bekam die Bienen von seinem Großvater, der kurz darauf verstarb, es war ein unerwartetes Erbe. „Ich stand von jetzt auf gleich mit acht Bienenvölkern da, und wusste gar nicht, wo ich anfangen soll. Das war im ersten Moment zuviel.“

 

Die beiden meldeten sich zum Neuimker-Kurs an und lernten das Einmaleins im Jahreskreislauf der Bienen: Wann muss ich die Kästen öffnen, wann den Honig schleudern und wann die Bienen für den Winter vorbereiten? Schnell kamen Probleme wie die richtige Bekämpfung der Varroamilbe, ausfliegende Schwärme oder kristallisierte Waben dazu. Und dieses Jahr dann: kein Honig.

 

„Letztes Jahr hatte ich 180 bis 200 Kilo Honig, dieses Jahr null“, fasst Jonas Herzog es zusammen, „ich musste sogar zufüttern.“ Bei Strobel kamen immerhin noch um die 20 Kilogramm Waldhonig zusammen, eine gute Ausbeute in diesem mageren Honigjahr. Regen und Kälte setzten den Bienen zu. Während das die Nachwuchsimker frustriert, nimmt Kurt Herzog es mit einem Schulterzucken hin: „Das ist Natur.“

 

Rückschläge wegstecken können – das braucht es für das Imkern also, und was noch? Ein paar Euro zum Start müssen es schon sein: Ausrüstung wie Schutzkleidung, Kästen und Rahmen für die Waben, Gitter, Werkzeug – mit 350 bis 400 Euro pro Volk müsse man rechnen, sagt Bezirksimkerchef Riess. Und noch einmal 600 Euro für die Honigernte. Über den Honigverkauf – Strobel und Herzog verkaufen nur privat an Familie und Freunde – kommt zwar wieder Geld rein, „das steckt man aber sofort wieder in die Bienen“, sagt Strobel.

 

Zeit ist der andere große Faktor. „Die Hautbelastung ist Mai bis Anfang Juli“, sagt Riess. Da gelte es, jede Woche nachzuschauen und tätig zu werden. Geübte Imker kommen mit etwa sieben Stunden Arbeit pro Volk in der Saison hin. „Anfänger brauchen bestimmt das Zehnfache“, schätzt Riess. Auch deshalb wollen Strobel und Herzog nicht zu viele Völker haben, inzwischen haben sie zwei beziehungsweise drei. Bei den beiden Mittdreißigern hat sich die Erkenntnis durchgesetzt: „Am Anfang sieht das ganz easy aus, aber es steckt schon viel Arbeit dahinter“, so Herzog. Und ja, gestochen wurden sie auch ein paar Mal.

 

Dran bleiben wollen sie dennoch, sie sind der Faszination der Bienen verfallen. Ratschläge holen sie sich beim Imkerverein, und auch Kurt Herzog weiß im Zweifel, was zu tun ist. Der übrigens bekam sein erstes Bienenvolk mit 17, hatte zwischendrin bis zu 45 Völker auf einmal und fühlt sich jetzt, mit knapp 90, eigentlich „alt genug“ zum Aufhören. „Aber“, sagt er, „ganz hört man dann doch nicht auf.“